Britischer Hütestil "Trial"

Entwicklung

Es gibt nur lückenhafte Informationen, wann und wo organisierte Hütewettbewerbe zum ersten Mal stattgefunden haben. Aus Neuseeland sind Aufzeichnungen bekannt, die einen Hütewettbewerb im Jahr 1867 beschreiben. Aus Grossbritannien ist ein Austragungstermin vom Oktober 1873 bekannt (Bala in Nordwales). 1875 wird am gleichen Austragungsort bereits von einem Wettbewerb berichtet, an dem 30 Schäfer teilnahmen und er von ca. 2000 Zuschauern besucht war.
Nach der Gründung der „Internationalen Sheep Dog Society“ (ISDS) im Jahr 1906 in Haddington, Schottland, wurden solche Veranstaltungen vermehrt angeboten, so dass heute in Grossbritannien jährlich über 500 Preishüten ausgerichtet werden.
Auf dem europäischen Kontinent sind die Pioniere für die britische Hütetechnik in den 70er Jahren vor allem in Schweden, in der Niederlanden und in Frankreich zu finden. Im deutschsprachigen Raum war es in erster Linie Frau Odette Lieber-Conus, die 1984 mit dem Ausbilder Jim Easton, Northumberland, das erste Hüteseminar in der Schweiz organisierte.
Der eigentliche Durchbruch für internationale Wettbewerbe auf dem Kontinent war der 2. und 3. November 1985. An diesen Tagen wurde der erste internationale Wettbewerb in Genthod, Genf, abgehalten, der ebenfalls von Frau Lieber organisiert wurde. An diesem Wettbewerb nahmen immerhin schon 43 Hunde mit ihren Schäfern teil. Die Teilnehmer kamen aus Frankreich, Deutschland, Holland, Belgien und aus der Schweiz.

Wettbewerbssysteme

An den meisten Veranstaltungen werden drei Schwierigkeitsgrade, Klasse I bis III, angeboten.

Wettbewerb der Klasse I

Die Klasse I gilt für Junghunde als Einstieg in die Wettbewerbsarena. Die Aufgaben sind im Nahbereich und das Zeitlimit ist auf 10 Minuten beschränkt. Die Aufgaben, das Zeitlimit und die Punkteskala werden an die örtlichen Gegebenheiten angepasst und vor Ort festgelegt und können wie folgt aussehen:

1. Einhollauf

Die Schafe (5 bis 7 Tiere) stehen in einer Entfernung von ca. 80m. Der Hund kann wahlweise rechts oder links um die Schafe geschickt werden. Nach dem Aufnehmen soll der Hund die Schafe zum HF treiben, der am Startpfosten stehen bleibt. Nach vorheriger Absprache kann der HF unter Punkteabzug auch schon vorher den Startpfosten verlassen.

2. Treiben

Der HF lässt die Schafe hinter sich um den Startpfosten herum und durch die Treibtore treiben; er geht in diesem Abschnitt vor den Schafen. Es erden eine ruhige Arbeitsweise, gerade Treiblinien und enge Bögen nach Durchqueren der Tore gefordert.

3. Abtrennen

Der Parcours kann wahlweise mit einem Trennring oder einem Sortierpferch angelegt sein. Im Trennring muss ein Schaf gefangen und Kurzzeitig festgehalten werden. Im Sortiertrichter müssen bestimmte Schafe beim Durchtreiben abgesondert werden.

4. Einpferchen

Die Schafe werden gemeinsam vom Hund und vom Hundeführer geradlinig zum Pferch getrieben. Zur Erleichterung kann vorher vereinbart werden, dass der Hundeführer die Schafe gemeinsam mit dem Hund in den Pferch treiben darf, d.h. das Seil, das am Tor befestigt ist, muss nicht während der ganzen Aufgabenstellung festgehalten werden.

Wettbewerb der Klasse II

In der Klasse II ist im Gegensatz zur Klasse I der Suchlauf erweitert und das Wegtreiben über die Dreiecksstrecke erforderlich. Der Hundeführer kann unter Punkteabzug beim Wegtreiben ebenfalls hinter den Schafen hergehen. Das Fangen oder Abtrennen von Schafen in einem markierten Ring wird wahlweise erlaubt. Beim Einpferchen muss das Seil so lange festgehalten werden, bis der Hund die Schafe in den Pferch getrieben hat.


Wettbewerb der Klasse III

Die Klasse III ist in Anlehnung an der Parcours der britischen Landesmeisterschaften konzipiert. Die Verantwortung für die Anordnung der Wettbewerbsstrecke, die Ausarbeitung der Punkteskala und die Festsetzung der Zeitbegrenzung liegt beim Wettbewerbskomitee.

1. Einhollauf

Der Hundeführer steht am Startpfosten und schickt den Hund wahlweise rechts oder links zu den Schafen. Nach Übernahme werden die Schafe geradlinig durch ein Tor, das ca. 150m vom HF entfernt aufgebaut ist, zu ihm getrieben. An den Treibtoren sind Wiederholungsversuche nicht erlaubt. Die Schafe werden in einem möglichst engen Bogen um den HF getrieben

2. Treiben

Der HF bleibt weiterhin am Pfosten und lässt die Schafe von seinem Hund über die Dreiecksstrecke treiben. Gerade Treiblinien und enge Bögen nach dem passieren der Tore sind die zu bewältigende Aufgaben. Der HF darf den Startpfosten erst verlassen, wenn alle Schafe im Trennring sind. Ob die Treibrichtung um den HF im oder gegen den Uhrzeigersinn erfolgt, wird vor dem Wettbewerb bekannt gegeben.

3. Abtrennen

Innerhalb des Trennrings müssen bestimmte Tiere angetrennt und vom Hund zur Zufriedenheit des Preisrichters unter Kontrolle gehalten werden. Der HF darf bei der Lückenbildung mithelfen, ohne jedoch die Schafe zu berühren.
Das Trennen endet mit der Vereinigung der Tiere, es sei denn es wird verlangt, dass nur die abgetrennten Tiere einzupferchen sind.

4. Einpferchen

Der HF begibt sich zum Pferch und lässt sich die Schafe vom Hund zutreiben. Nach dem Öffnen des Tores ist ein ca. 2m langes Seil aufzunehmen, das der HF bis zum Abschluss des Einpferchens nicht loslassen darf. Dieses Seil dient als Hilfsmittel beim einpferchen und verringert aber gleichzeitig den Bewegungsspielraum des HF. Die Schafe dürfen weder mit dem stock noch mit dem Tor berührt werden.

5. Vereinzeln (Abtrennen eines Schafes)

Das Abtrennen eines einzelnen Schafes kann wahlweise nach dem Einpferchen als zusätzliche Aufgabe gefordert werden. Die Schafe werden ausgepfercht und vom Hund zum Trennring getrieben. Innerhalb des markierten Kreises muss ein bestimmtes Schaf von der übrigen Gruppe abgetrennt und vom Hund bis zur Zufriedenstellung des Richters unter Kontrolle gehalten werden.

Fachbegriffe

Der Outrun: Das Herauslaufen des Hundes, Suchlauf
Lift: Die Übernahme der Schafe
Fetch: Das Bringen der Schafe
Drive: Das Wegtreiben der Schafe
Shedding: Das Abtrennen der Schafe
Pen: Das Einpferchen der Schafe

Quelle: Ausbildung von Hütehunden von Hans Chifflard und Herbert Sehner